BAG, Urteil vom 17.01.2023 – 3 AZR 220/22 und
BAG, Urteil vom 17.01.2023 – 3 AZR 501/22 (Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor)
Der Arbeitgeber hatte in beiden vom BAG entschiedenen Fällen jeweils Versorgungszusagen erteilt, die ihm das Recht einräumten, eine einseitige Kapitalabfindung, statt einer lebenslangen Altersrente auszuzahlen. Von dieser Option machte der Arbeitgeber Gebrauch, womit die jeweiligen Arbeitnehmer nicht einverstanden waren.
Wie in vielen Versorgungsordnungen von Arbeitgebern gewünscht, lagen auch in den vorliegenden Fällen Regelungen , in denen sich der Arbeitgeber bei Rentenbeginn vorbehält, statt einer lebenslangen Rente eine einmalige Kapitalzahlung zu leisten, vor.
In einem Fall war in der Versorgungszusage, die der Arbeitgeber über die Unterstützungskasse erteilt hatte, vorgesehen, anstelle der laufenden Rente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu zahlen. Hiervon machte die Unterstützungskasse zum Rentenbeginn Gebrauch, womit sich die Arbeitnehmer nicht einverstanden erklärten und den Kapitalbetrag zurücküberwiesen hatten.
Im zweiten Fall lag eine Versorgungszusage vor, in der die Höhe der einmaligen Kapitalzahlung entsprechend dem Barwert der künftigen Versorgungsansprüche und Versorgungsanwartschaften berechnet, die im Wesentlichen nach den Rechnungsgrundlagen des versicherungsmathematischen Gutachtens ermittelt werden.
Entscheidungen des BAG:
BAG 3 AZR 220/22: Das BAG gab dem Arbeitnehmer Recht, da es die in der Versorgungszusage enthaltene Klausel gem. § 308 Nr. 4 BGB für unwirksam hielt, da die Kapitalleistung nicht mindestens dem versicherungsmathematisch ermittelten Barwert der laufenden Renten entspricht, sondern der zehnfachen Jahresrente. Zugunsten des Arbeitgebers hat das BAG angenommen, dass das im Leistungsplan der Unterstützungskasse geregelte Recht, anstelle der zugesagten Altersrente eine einmalige Kapitalabfindung in Höhe der zehnfachen Jahresrente zu zahlen, auch ihm zustehe und von ihm ausgeübt werden könne. Allerdings ist die vorliegende Klausel für die Arbeitnehmer mangels Wertgleichheit der Kapitalabfindung unzumutbar und daher unwirksam.
BAG 3 AZR 501/22: In diesem zweiten Fall hatte die Vorinstanz eine wirksame Abfindungsklausel angenommen, da sich der Arbeitgeber in der Versorgungszusage ein Wahlrecht vorbehalten hat, anstelle Rentenzahlung eine wertgleiche einmalige Kapitalabfindung zu zahlen. Daher hielt das LAG Hamm die Kapitalabfindung des Arbeitgebers für rechtmäßig. Das BAG hob das Urteil des LAG Hamm auf und wies es zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Dies deutet darauf hin, dass auch in diesem Fall, in dem eine wertgleiche Kapitalzahlung im Raum steht, die wesentlichen Umstände abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden müssen.
Empfehlung für die Praxis:
Eine Klausel, die eine Ersetzung einer Rentenleistung durch eine nicht mindestens wertgleiche Kapitalleistung, sondern eine geringere Kapitalleistung vorsieht, ist für den Arbeitnehmer unzumutbar, da bereits erdientes Entgelt im Nachhinein, zumindest teilweise wieder entzogen würde.
Im zweiten Fall, in dem eine wertgleiche Kapitalleistung vorbehalten war, wurde vom BAG zurückverweisen, so dass derzeit nicht sicher ist, ob eine solche Klausel wirksam ist. Hier bleibt die erneute Entscheidung des OLG Hamm und evtl. BAG abzuwarten.