BAG, Urteil vom 08.03.2022 – 3 AZR 361/21
In zwei Verfahren streiten die Parteien über die Verpflichtung der Arbeitgeberin, einen Arbeitgeberzuschuss iHv. 15 % des umgewandelten Entgelts nach § 1a Abs. 1a BetrAVG in den Jahren 2019 und 2020 zu zahlen. Dieser Anspruch ist durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz 2018 eingeführt worden, wobei von der gesetzlichen Regelung durch Tarifvertrag auch zuungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden darf, § 19 Abs. 1 BetrAVG.
Beide Arbeitnehmer wandelten auf der Grundlage des Tarifvertrags zur Altersversorgung, der zwischen dem Landesverband Niedersachsen und Bremen der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie e.V. und der IG-Metall abgeschlossen wurde, Entgelt zu einem Pensionsfonds der MetallRente um. Der Tarifvertrag eröffnet den Arbeitnehmern die Möglichkeit, Entgelt bis zur steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Höchstgrenze umzuwandeln. Der Arbeitgeber gewährt ihnen aufgrund des Tarifvertrags zusätzlich einen Altersvorsorgegrundbetrag iHd. 25-fachen Facharbeiterecklohns pro Kalenderjahr. In dem einen Fall kommt der Tarifvertrag aufgrund beidseitiger Tarifbindung zur Anwendung, in dem anderen aufgrund eines normativ anwendbaren Haustarifvertrags aus dem Jahre 2019, der auf diesen Tarifvertrag verweist.
Entscheidung des BAG:
Die Klagen hatten vor dem Bundesarbeitsgericht keinen Erfolg. Der Senat hat offengelassen, ob der Tarifvertrag zur Altersversorgung aus dem Jahr 2008 von der Tariföffnung des § 19 Abs. 1 BetrAVG Gebrauch machen und den Anspruch der Arbeitnehmer modifizieren konnte, obwohl er vor dem Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes abgeschlossen wurde.
Da der Tarifvertrag zur Altersversorgung einen Anspruch auf Entgeltumwandlung enthält und ausgestaltet, bildet er eine kollektivrechtliche Entgeltumwandlungsvereinbarung, die wegen § 26a BetrVG frühestens zum 1. Januar 2022 einen Anspruch der Arbeitnehmer auf den Arbeitgeberzuschuss auszulösen vermag.
Bei dem Haustarifvertrag handelt es sich um eine kraft Gesetzes zugelassene Abweichung nach § 19 Abs. 1 BetrAVG. Das folgt daraus, dass dieser Tarifvertrag auf die von § 1a BetrAVG abweichenden Regelungen des Tarifvertrags zur Altersversorgung Bezug nimmt, die ua. mit dem Altersversorgungsgrundbetrag eine von § 1a Abs. 1a BetrAVG abweichende Verteilung des wirtschaftlichen Nutzens und der Lasten der Entgeltumwandlung enthalten.
Offengelassen hat das BAG allerdings die Frage, ob „alte“ Tarifverträge, die vor Inkrafttreten des BRSG geschlossen wurden, eine Ausnahmeregelung zum § 1a Abs. 1a BetrAVG wirksam treffen können.
Empfehlung für die Praxis:
Arbeitgeber, die ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit zur Entgeltumwandlung gewähren, sind gut beraten, die damit zusammenhängenden Regelungen in Tarifverträgen fortlaufend kritisch zu prüfen und im Hinblick auf die Rechtsprechung des BAG zu überprüfen.