Ausschluss von befristeten Arbeitnehmern in der Versorgungsordnung: Geht nicht!
Urteil vom 22.09.2020, AZ: 3 AZR 433/19
In dem vom BAG entschieden Fall wurde der Kläger zunächst befristet und im unmittelbaren Anschluss unbefristet beschäftigt. Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses hatte er das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet, bei Beginn der unbefristeten Beschäftigung schon. Die Versorgungsordnung der Beklagten sah in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor, dass versorgungsberechtigt sei, wer in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe. Weitere Voraussetzung war, dass bei Beginn des Arbeitsverhältnisses noch nicht das 55. Lebensjahr vollendet war. Nicht teilnahmeberechtigt seien befristet Beschäftigte. Der Kläger war der Auffassung, es käme nicht auf das Alter bei Beginn der unbefristeten Beschäftigung an, sondern auf das bei Beginn des Arbeitsverhältnisses. Daher sei auf sein Alter bei Aufnahme des – zunächst – befristeten Arbeitsverhältnisses abzustellen.
Das BAG gab dem Kläger aufgrund einer Auslegung der Versorgungsordnung recht. Sie sei dahin auszulegen, dass das Höchstalter bei Beginn der Betriebszugehörigkeit maßgeblich sei. Das gilt unabhängig davon, ob zunächst ein befristetes Arbeitsverhältnis vorlag, sofern sich eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar an das befristete Arbeitsverhältnis anschließt. Der Kläger hat Anspruch auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung.
Darüber bestätigte das BAG die bereits bestehende Rechtsprechung, dass die Voraussetzung einer „schriftlichen Vereinbarung über die Versorgungszusage“ lediglich eine bestätigende, dh. deklaratorische Wirkung habe. Die „Zusage einer Versorgungszusage ist bereits als Versorgungszusage iSv. § 1 Abs. 1 BetrAVG anzusehen, wenn und soweit das Erstarken einer Anwartschaft zum Vollrecht nur noch vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und vom Eintritt des Versorgungsfalles abhängt, dem Arbeitgeber also kein Entscheidungsspielraum mehr über den Inhalt und den Umfang der zu erteilenden Zusage bleibt“.
Da der Kläger nach der Auslegung der streitgegenständlichen Versorgungsordnung bereits zum Teilnehmerkreis der Versorgungsordnung zählt und anspruchsberechtigt ist, konnte das BAG die Fragen der Gleichbehandlung und eines Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 TzBfG offenlassen.
Empfehlung für die Praxis:
In sehr vielen – vor allem älteren – Versorgungsordnungen sind befristet Beschäftigte von der bAV ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall hat das BAG „nur“ entscheiden, dass eine Versorgungsregelung, wonach befristet Beschäftigte nicht und Arbeitnehmer, die in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehen, versorgungsberechtigt sind, wenn sie bei Beginn des Arbeitsverhältnisses das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, dahin zu verstehen ist, dass sie auf das Lebensalter bei Beginn der Beschäftigung abstellt, wenn eine unbefristete Beschäftigung unmittelbar einer befristeten folgt. Das BAG konnte hier die Fragen der Gleichbehandlung und eines Verstoßes gegen das Teilzeitbefristungsgesetz offenlassen.
Die Vorinstanz, das LAG Niedersachsen (Urteil vom 05.09.2019, Az: 4 Sa 5/19 B) hat jedoch klar entschieden, dass der Ausschluss befristet Beschäftigter von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung, sachlich nicht gerechtfertigt ist. Der Ausschluss der befristet Beschäftigten von den Versorgungsleistungen ist nach Ansicht des LAG unwirksam im Sinne des Teilzeitbefristungsgesetzes.
Es ist zu erwarten, dass das BAG – wie das LAG Niedersachsen – den Ausschluss befristet Beschäftigter von einer Versorgung als sachlich ungerechtfertigt und somit als unwirksam im Sinne des Teilzeitbefristungsgesetzes ansieht. In der Folge haben unsere Ansicht nach auch befristet Beschäftigte einen Anspruch auf Versorgung. Sofern ein Arbeitnehmer vor dem Erreichen der Unverfallbarkeit ausscheidet, hat er keinen Anspruch auf eine bAV. Insofern werden die Interessen des Arbeitgebers ausreichend gewahrt.